Unsere Aufmerksamkeit — oder, um es in der Sprache des Yoga zu formulieren: unser Bewusstsein — ist vielleicht das wichtigste was wir haben. In der tantrischen Yogaphilosophie ist Bewusstsein (ein Begriff der sehr nahe an „Aufmerksamkeit“ ist) — alles. Wir erschaffen uns und unser Universum dadurch, dass wir unser Bewusstsein fokussieren. Und tatsächlich ist es ja so, dass Dinge denen wir viel Aufmerksamkeit schenken uns immer wichtiger werden und nach und nach auch unser Handeln leiten. Demgegenüber sind Dinge, die wir nie beachtet haben, die also nie in unserer Aufmerksamkeit waren, für uns noch nicht einmal existent.
Es ist daher ein wesentliches Merkmal von (Willens)Freiheit, dass wir selbst entscheiden, wem oder was wir unsere Aufmerksamkeit schenken. Allerdings fällt uns genau das immer schwerer. Eine milliardenschwere Werbeindustrie und ebenso wertvolle soziale Netzwerke wie Facebook konkurrieren den ganzen Tag um unsere Aufmerksamkeit. Nutzen wissenschaftlich immer ausgereiftere Systeme um unsere Aufmerksamkeit zu fesseln und sie auf materielle Dinge zu lenken. Ständig blinkt irgendeine Nachricht auf unserem Smartphone und wartet auf unsere Aufmerksamkeit.
Yoga ist eine Methode, um unsere Aufmerksamkeit zu schulen und willentlich zu steuern. Deswegen beobachten wir im Yoga so genau unseren inneren rechten Oberschenkel, lenken unseren Atem und wandern mit der Aufmerksamkeit durch unseren Körper. Durch regelmäßige Praxis lernen wir, unseren Geist zu beruhigen und zu stärken — damit er nicht willkürlich zwischen den unendlich vielen Aufmerksamkeitsangeboten hin und her springt, sondern das tut, was wir möchten. Yoga bedeutet also auch hier, uns ein Stück unserer Freiheit zurückzuholen.
Euch erwartet diese Woche eine ruhige, achtsame Stunde mit kleinen Meditationseinheiten.
Namasté