Yoga für Männer

Männeryoga | „Ich habe nichts gekonnt, und eigentlich nichts gemacht, aber trotzdem geschwitzt wie ein Schwein. Ziemlich peinlich.“ Der Ausspruch stammt nicht von mir. Michael Wiese, der Männeryoga in Leverkusen anbietet, zitiert so in seinem Podcast einen Teilnehmer. Dennoch – er beschreibt ziemlich genau das, was ich (als cis-Mann), bei meiner ersten Yogastunde in einer Kreuzberger Musikschule erlebt habe (es muss 2016 gewesen sein). Es fehlte nicht viel, und ich wäre nie wiedergekommen. Zum Glück bin ich es dann doch – denn es hat einiges in meinem Leben verändert.

Seit dem ist es mir ein großes Anliegen, mehr Männer zum Yoga zu kriegen. Ich bin fest überzeugt davon, dass die meisten Männer Yoga viel dringender brauchen als Frauen. Aber um ehrlich zu sein, es läuft nicht gut. Auch im ELEMENT Ost lese ich 70-80% der Teilnehmer*innen weiblich. Deswegen plane ich einen Yoga-Kurs nur für cis-Männer anzubieten.

Brauchts das wirklich?

Stopp jetzt erstmal! Brauchts das wirklich? Einen Safe Space nur für Männer? Und ist dieses binäre Denken in einem queerfreundlichen Studio wie dem ELEMENT Ost nicht ein bisschen von vorgestern?

Okay, die Frage ist berechtigt, und deswegen müssen wir uns zunächst einmal anschauen, was Yoga mit Gender und Geschlecht zu tun hat.

Biomechanische Voraussetzungen

Aus vielen Jahren Lehrerfahrung und nach tausenden unterrichteten Schüler*innen kann ich sicher sagen, dass Yoga für männlich gelesene Schüler viel, viel schwieriger ist. Dass sie die ersten Male wirklich leiden, oft schwitzen und stinken. Klar, es gibt Ausnahmen, aber auf die meisten trifft es zu. Woran liegt das? Es sind die körperlichen Voraussetzungen. Männer sind oft deutlich steifer, gerade im Becken. Aber um Yogaübungen (asanas) mit Leichtigkeit zu meistern, braucht es eine gewisse Beweglichkeit. Wenn du die nicht hast, dann kämpfst du erstmal gegen deinen eigenen Körper. Und – aus eigener Erfahrung – es gibt wenig, was anstrengender ist als gegen sich selbst zu kämpfen.

Warum ist das so? Als Soziologe weiß ich, dass genetische Ursachen und gesellschaftliche Faktoren sich gegenseitig verstärken. Ein Körper, der von der genetischen Disposition her dazu gedacht ist, Kinder zu gebären, der ist oft weicher. Diese biologischen Unterschiede werden durch Sozialisation verstärkt. Das fängt schon damit an, dass es „Jungen-“ und „Mädchensportarten“ gibt, Männer ins Fitnessstudio betreiben und Frauen — na, eben Yoga machen.

Lange Rede, kurzer Sinn. Verkürzungen von Muskulatur und Bindegewebe sind häufig ein Männerproblem. Das macht den Einstieg ins Yoga schwierig. Menschen mit beweglichen Gelenken und schwacher Muskulatur (also oft Frauen) haben meist schnell Erfolgserlebnisse. Denn Muskeln aufbauen geht verhältnismäßig schnell. Dagegen dauert es lange, von Verkürzungen in die volle Beweglichkeit zu kommen. Du musst beharrlich, über mehrere Jahre dran bleiben — in einigen Wochen ist es nicht getan.

„Männliche“ und „weibliche“ Eigenschaften

In dem klassischen Lehrbuch für Anusara-Yoga (John Friend 2008) findet sich noch eine Auflistung von „maskulinen“ und „feminien“ Herzqualitäten. „Männliche“ Eigenschaften sind Kraft, Klarheit, Integrität, „weibliche“ Eigenschaften dagegen Empathie, Weichheit, Akzeptanz und so weiter. Was habe ich mich in meiner Yogalehrer-Ausbildung darüber geärgert! Es ist ein binäres, patriarchales Denken, dass John Friend hier offenbart. Es ist nichts, was ich jemals vertreten, geschweige denn unterrichten würde.

Und dennoch zeigt es nicht mehr, in welcher Welt wir immer noch leben. Und es zeigt, wie wir sozialisiert werden. Männer sollen hart sein, sich durchsetzen (und, s. oben, auch körperlich Kraft und Muskeln aufbauen) – ihnen wird nachgesehen, wenn sie rücksichtslos sind und andere übergehen. Mädchen dagegen werden schon im Kindergartenalter beim Spiel mit Puppen zu sozialen Berufen hingeführt, bei denen vermeintlich weiblichen Eigentschaften wie Empathie und „sich zurücknehmen“ gefragt sind. Jungs und Männer sind also, ob sie wollten oder nicht, in ihrem Leben viel mehr mit diesen „männlichen“ Eigenschaften konfrontiert worden. Das ist die traurige Realität.

und Yoga..?

Yoga, zumindest so, wie es hier bei uns gelehrt wird, kommt dem, was die Gesellschaft als „weiblich“ versteht, oft sehr nahe. Wer Yoga übt, hat es mit einem „weiblichen“ Körper einfacher. Wer Yoga übt der bekommt schlanke Beine (auch das kann ich dir aus eigener Erfahrung sagen), aber keinen dicken Bizeps und auch keinen Waschbrettbauch. Und wenn du in ein Yogastudio gehst in dem Yoga- und Lebensphilosophie eine Rolle spielt (wie z.B. im ELEMENT Ost), dann wird hier oft über Themen wie Achtsamkeit, Empathie und Weichheit gesprochen. (Was ich dabei versuche anders zu machen, führe ich an anderer Stelle gerne einmal aus, hier würde es den Rahmen sprengen.)

Wundert es jetzt noch jemanden, dass in Yogastudios 70-80% Frauen zu finden sind? Mich überhaupt nicht. Es spiegelt nicht mehr als die gesellschaftliche Wirklichkeit wieder. Und das wird durch diverse Mechanismen verstärkt. Wenn ich beispielsweise eine Werbeanzeige bei Instagram schalte, dann wird der Algorithmus diese Anzeige vor allem Frauen zeigen, weil diese mit größerer Wahrscheinlichkeit darauf reagieren werden.

Emanzipiert euch!

Männliche sozialisierte Menschen brauchen Yoga so viel dringender! Das gilt auf der körperlichen Ebene. Wer einen eher weichen Körper hat, der sollte als Ausgleich Kraftsport machen. Wer aber überall verhärtet und verkürzt ist, der profitiert immens von Yoga. Noch einmal, ich kann ein Lied davon singen. Und es gilt auf der mentalen Ebene. Wer als Mann sozialisiert wurde, der hat oft nicht gelernt, sich mit seiner weichen und verletzlichen Seite zu verbinden. Der übergeht seinen Körper oft, weil er ihn nur als Werkzeug sieht, der gefälligst leistungsfähig zu sein hat. Das sind die Gründe, warum Yoga so wahnsinnig viel Balance in mein Leben gebracht hat. Nicht, dass es mir immer gelingt, diese als „weiblich“ definierten Eigenschaften zu leben. Aber ich übe mich regelmäßig darin.

Wenn Männer zum Yoga gehen, dann hat das für mich mit Feminismus zu tun. So wie es mein Job ist, einen fairen Anteil an care-Arbeit zu übernehmen, so ist es mein Job, mich kritisch mit männlichen Rollenbildern und Stereotypen auseinanderzusetzen. Männer können vom Yoga massiv profitieren, eben weil sie hier viel von dem Lernen können, was in ihrem Leben bisher oft zu kurz gekommen ist.

Männer, kommt zum Yoga!

In Kurz: Männer, ihr braucht Yoga viel, viel dringender als die Frauen! Es wird euch so gut tun. Weil ich aus eigener Erfahrung weiß, wie schwer es ist in die regelmäßige Praxis zu kommen konzipiere ich derzeit einen Yoga-Kurs für Männer. In dem schwitzen darfst, soviel du willst. In dem die Übungen so ausgewählt sind, dass sie einen guten Einstieg für typisch „männliche“ Körper erlauben. Wir wollen einen Raum schaffen, indem wir uns fragen, was uns fehlt um in Balance zu kommen und wie Yoga uns dabei helfen kann. Einen Raum, in dem wir vielleicht ein klein wenig Männlichkeit neu definieren können.

Kannst du dir vorstellen, dabei zu sein? Schreibe uns gerne eine Email oder kontaktiere uns über Facebook oder Instagram. Ich bin gespannt, was du dazu denkst!

Bis es soweit ist: buche jetzt eine Probestunde 🙂

Florian

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